Erstellungs- und Validierungsumgebung für Functional Mock-up Unit

Veröffentlicht: Montag, 01. August 2016
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PDE hat ein Functional Mock-up Interface (inklusive Erstellungs- und Validierungsumgebung für eine Functional Mock-up Unit) zu einem detailierten Modell zur Simulation von Komponenten der Autoabgasnachbehandlung erstellt.

Was ist das?

Die Functional Mock-up Interface (FMI)-Spezifikation definiert eine Schnittstelle für die Kopplung von einzelnen Modellen zur Simulation komplexer Systeme. Die gegenwärtig aktuelle Version der Spezifikation ist FMI 2.0. Sie wird als Modelica Association project verwaltet und weiterentwickelt. Der Standard kommt aus der Automobilbranche (die Entwicklung der ersten Version wurde durch die Daimler AG koordiniert) und basiert auf folgenden Überlegungen:

  • Ein Fahrzeug wird aus Einzelkomponenten von einer Vielzahl von Erstausrüstern (engl.: original equipment manufacturers - OEMs) zusammengesetzt.
  • Folglich muss ein Modell eines Fahrzeugs ebenso aus einzelnen Simulationskomponenten bestehen.
  • Da die OEMs in der Entwicklung oft Simulationsmethoden einsetzen, haben die meisten ohnehin irgendeine Art von Modell ihres Produkts.

Hier setzt FMI an:
Die Spezifikation definiert wie ein Modell zu einer sogenannten Functional Mock-up Unit (FMU) gepackt wird. Eine solche FMU kann dann in jeder Software, die die FMI-Spezifikation implementiert hat, geladen und verwendet werden. Gegenwärtig gibt es mehr als 80 kommerzielle und freie Anwendungen, die den Export und/oder Import nach FMI 1.0 und/oder FMI 2.0 unterstützen (vollständige Liste auf www.fmi-standard.org).

Beispielsweise kann ein Autohersteller so das Zusammenspiel von Komponenten unterschiedlicher Zulieferer simulieren. Dies ermöglicht neben Kostenersparnis in der Entwicklungsphase eine bessere Integration sämtlicher Komponenten miteinander im Endprodukt.

Obgleich FMI im Automobilbereich entwickelt wurde und auch vorrangig dort eingesetzt wird, ist das Prinzip übertragbar auf jeden Bereich, in dem Komponenten unterschiedlicher Zulieferer intergriert werden müssen.

Das aktuelle Projekt

Es gibt zwar aktuell einen Trend zur automatisierten Erstellung von Functional Mock-up Interfaces und Units, aber dies ist nicht immet möglich - insbesondere, wenn es sich um bereits bestehende, aufwändige Modelle handelt. In einem solchen Fall hat PDE kürzlich ein FMI "in Handarbeit" erstellt und zusätzlich eine Umgebung für die Erstellung und Validierung der FMU eines hochgradig komplexen und fortschrittlichen Modells für einen OEM aus dem Bereich der Autoabgasnachbehandlung geliefert.

Eine Herausforderung dabei war, dass das bestehende Modell zum Großteil in FORTRAN geschrieben war während die FMI-Spezifikation in erster Linie auf C abzielt. Es war musste also sprachübergreifend entwickelt werden und somit konnte das FMU Software Development Kit nicht ohne weiteres eingesetzt werden.

Eine weiter Schwierigkeit bestand darin, dass das Modell ursprünglich natürlich nicht Blick auf FMI o.ä. entwickelt worden war. Vom technischen Standpunkt aus gesehen sollte die Entwicklung einer FMI und die Erstellung einer FMU eine Fingerübung für jeden Programmierer sein: Ein paar Werte müssen hin- und hergeschoben und einige Funktionen ausgeführt werden - weiter nichts. Um allerdings eine brauchbare Schnittstelle zu dem bestehenden Modell zu entwickeln, war ein umfassendes Verständnis der Funktionsweise und der zugrundeliegenden physischen und chemischen Effekte erforderlich. Dank unserer Erfahrung im Bereich der Modellierung physico-chemischer Systeme sowie unserer profunden Ausbildung in der Chemischer Technologie konnte das Projekt zügig und mit minimalem Übergabeaufwand für den Kunden abgewickelt werden.

Während für die Erstellung der FMU kommerzielle Software (Microsoft Visual Studio, Intel Parallel Studio) eingesetzt wird, erfolgte die Validierung (d.h. die Simulation diverser Referenzexperimente) unter Verwendung von PyFMI, einem freien Python-Paket, das die Verwendung von FMUs sehr komfortabel ermöglicht.